Berlin – Die letzten Jahre 2006–2011

Anfang 2006 bezieht Sabaliotis ein neues, ein größeres Atelier: das UCW-Atelierhaus in Berlin-Wilmersdorf wird sein letzter Schaffensort. Zwei miteinander verbundene große Räume wird er in dem vom BBK umgebauten ehemaligen Gesundheitsamt nutzen, für Abendkurse, für die Vorbereitung seiner nächsten Ausstellungen. Metaplaseis (Umwandlungen) nennt er seine vorletzte Serie, in der Gold und Blattmetall eine wesentliche Rolle spielen. Die Reflexion von Gold, so hat der Künstler einmal gesagt, ist wie die Idee, die sich aus dem Urgrund des Unterbewusstseins löst und ins Bewusstsein dringt. In vielen der Werke von 2004–2006 versucht er den Kontrast zu vereinen – der Oxydation, einem fortschreitenden Prozess der Zersetzung, neben dem unvergänglichen Glanz Raum zu geben, ein energiegeladener Dualismus, der schon allein aus dem Gegensatz lebt.

2006, nach 25 Jahren, kehrt er mit seinen neuesten Arbeiten nach Südfrankreich, nach Cordes-sur-Ciel zurück. In die Stadt, wo seine internationale Karriere begann, wo seine unverwechselbaren Werkreihen ihren Anfang nahmen. Die Zeit zwischen den „Immigrierten Karyatiden“ (1980) und dem „Poetischen Erwachen“ (1981) hin zu den 2006 im Maison Fonpeyrouse gezeigten „Metaplaseis“ schließt eine unglaubliche künstlerische und persönliche Entwicklung ein, vom Pastell und Papier, den trojanischen Frauen und den Kentauren, zur Assemblage, zum Goldenen Zeitalter. Vom Geschichtenerzähler zum Alchemisten und Philosophen. 

2008 wird er Metaplaseis in Berlin vorstellen, in der Galerie im Körnerpark. 2009, nur ein Jahr später, begeistert er in der Galerie Wedding mit anderen, neuen Arbeiten, den Kypseles, den Waben. Es wird seine letzte Ausstellung, die er gemeinsam mit dem griechischen Botschafter Berlins, S. E. Tassos Kriekoukis, eröffnet. Sabaliotis wird von jetzt an bis zu seinem Tod November 2011 in der Galerie Wedding als Kurator tätig sein, das Leitprogramm der Galerie entwickeln und selber eine Reihe von der Berliner Kunstszene mit großer Aufmerksamkeit wahrgenommener Ausstellungen organisieren. Mit international bekannten Künstlern wie David Evison und Sue Hayward, Rainer Fest, Boris Ivandic, Detlef Mallwitz, Corinna Rosteck, Ioannis Michaloudis, mit russischen und georgischen KünstlerInnen. Kooperationen mit dem ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) und dem Finnland-Institut folgen. Aber Sabaliotis ist nicht nur ein engagierter Macher und ein Netzwerker, er setzt sich auch für die künstlerische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ein. Mit Formaten wie dem Jugendkunstpreis Berlin-Mitte oder Kids Guernica. 

Kypseles ist die letzte vollendete Werkreihe von Pantelis Sabaliotis. Bei diesen einzigartigen Arbeiten spielt Zeit eine wesentliche Rolle: nicht nur die der Erfahrung und der Perfektion von Technik und Handwerk sowie naturwissenschaftlicher Prozesse, sondern auch das unglaublich präzise Auftragen vieler Schichten von Materialien. Das reine Bienenwachs schließt Pigmente und Gold ein, macht es „unantastbar“ und doch lebendig durch das Einwirken von Licht und Temperatur. Die Arbeiten sind Ergebnis von vier Jahrzehnten Erfahrung, Wissen und fast schon alchemistischer Kenntnisse. So verändern sich die Werke des Künstlers auch noch weiterhin im Laufe der Zeit durch Sonne und Licht, energetisch, in einem stillen und doch unaufhörlichen Transformationsprozess unsterblich. Aber so, wie die Zeit im Fluss ist und vergeht und das Werk in ihren Werde-und-Vergehe-Zyklus einschließt, so ist gleichzeitig eine ganz bestimmte Zeit in der Arbeit selber in den Wachsschichten „konserviert“, eingeschlossen, der Nachwelt erhalten. Das Wachs legt Zeugnis ab von der Transformation eines Zustandes in den anderen. Es konserviert den Moment, gewissermaßen ein kurzer, ein „eingefrorener“ Blick auf das Ufer, das laut Heraklit (6. Jh. v. Chr.) nie dasselbe sein kann, da der Fluss uns beständig weiterträgt und wir immer neuen Ufern entsteigen. 

Nach den Waben richtete sich die Aufmerksamkeit des Künstlers wieder verstärkt dem Gold zu. Die letzten Arbeiten von Pantelis Sabaliotis, eine allerletzte Werkreihe, die er nicht mehr vollenden würde, gibt dem Gold noch einmal eine völlig andere Richtung als bei der Reihe Metaplaseis: so wie er einst in Lund auf der Suche nach dem Licht des Nordens war, sucht er jetzt im Gold die reine Oberfläche. Ein flüssig anmutender Goldüberzug, der sich über von ihm „inszenierte“ Untergründe legt. Die fast geschmolzen wirkende, lebendig anmutende Oberfläche bedeutet ihm Katharsis, Klarheit und spirituelle Reinigung. Ein Energieschub in die Unendlichkeit. Golden wie das Licht der Sonne, des Geistes, der Unsterblichkeit. Es wird ihm selber zum Wegbegleiter in eine andere Dimension …

In den 40 Jahren seines künstlerischen Schaffens hat Pantelis Sabaliotis eine Entwicklung durchgemacht, die in ihrer Komplexität nur bei den ganz Großen der Kunstwelt zu finden ist. Von realistischen Ölbildern über zusehends abstrakter werdende Pastelle mit mythologischen Themen bis hin zur Genese eigener Symbole, über Objektkunst, Assemblagen bis zu überdimensionalen Wabenbildern und Skulpturen. Mythos und Naturphilosophie sind für die von ihm entwickelten Reihen grundlegend: von Geohistorima (Erdgeschichte) über Living in Space bis hin zu Kypseles und Metaplaseis (Umwandlungen) hat er mit seiner Kunst immer ein großes Publikum begeistern können. „Eine technokratische Gesellschaft“, so hat er einmal gesagt, „verlangt Visionen“ (aus dem Interview mit Frosso Pavlou, in der Zeitschrift Selides 1999).

Pantelis Sabaliotis‘ Arbeiten sind ein Brückenschlag zwischen Handwerk und Philosophie der Antike und Fragen, die für den modernen Menschen immer essentieller werden.