Nach den Jahren des Reisens sollte Pantelis Sabaliotis ab 1989 das erste Mal in seinem Künstlerleben endlich längere Zeit sesshaft werden. Aber nicht auf Naxos, sondern auf der griechischen Künstlerinsel Hydra vor der Peloponnes (1989–93).
Wenn Sabaliotis nicht malte, was er fühlte, dann las er. Vor allem den antiken Philosophen und der griechischen Mythologie fühlte er sich verbunden. Einem Mythos, einer Frau, widmete er eine ganze Werkreihe: Venthisikimi (Benthesikyme), Tochter von Poseidon und Amphitrite, Königin von Äthiopien. Sie flüchtete vor den Nachstellungen eines aufdringlichen Verehrers in die Tiefe des Meeres, um ihre sagenhafte Schönheit für immer zu verbergen. Die Werkreihe Venthisikimi zeigt das letzte Mal in Sabaliotis Arbeit das griechische Profil mit einer endgültigen Klarheit. Sie dreht sich noch einmal und ausdrücklich um die Frau an sich, um die perfekte Vereinigung von Animus und Anima. Bleibt auch das Weibliche als Wahrnehmung in seiner Arbeit weiterhin elementar, sollte er doch danach nie wieder so deutlich zum Figürlichen zurückkehren.
Neben dem Mythos der Frau bedeutet Venthisikimi aber auch schwere oder tiefe Welle und beschreibt zugleich den Zustand, der einer Überflutung vorausgeht, mit der für die Thessaler einst das Leben an sich begann. So stand dieser Mythos für Pantelis Sabaliotis nicht nur für die Schönheit der Frau, sondern ebenso für Erklärung und Auseinandersetzung mit der Natur, für den Beginn von Wissenschaft und Philosophie. Durch die Beschäftigung mit der Antike und ihren Mythen, verändert sich auf Hydra sein künstlerisches Schaffen: eine natürliche Weiterentwicklung, die ihn zu Naturmaterialien, größeren Formaten, zu Objektkunst und Assemblagen führt und zur erneuten Auseinandersetzung mit Bienenwachs als künstlerischem Mittel.
Mit wachsender Leidenschaft sammelt der Künstler Naturmaterialien wie Kakteenstücke, schabt Rost und Salz von skelettierten Schiffswracks – so auf Zakynthos –, birgt Treibholz und setzt das Gefundene in Kunst um. In eine Verherrlichung der Natur, mit der er sie zu uns sprechen lässt ohne die eigentliche Materie zu verändern. Treibgut, Pflanzenreste, Metallrost verschmelzen zu Kunstobjekten, die wiederum als Schlüsselelemente der Natur Bewegung, Licht und Energie transformieren. Geohistorima (Erdgeschichte) nennt er diese Werkreihe. Wenige Jahre später in Athen wird er sie noch eine kurze Weile fortsetzen (1993–1997). Dann aber widmet er sich zunehmend großformatigen Leinwänden, die er nach vielen Jahren des Ölpastells und kleineren Formaten – in den Jahren des Reisens – mit einem erneut wachsenden Interesse an Öl- und Acrylfarbe bereits auf Hydra wiederentdeckt hatte.
Was er im schwedischen Lund Mitte der 80er in drei langen Wintern als Trilogie „Archegoni nichta“ (Urnacht) begonnen hatte, nämlich die seinerzeit noch in schwarz-weiß in weiblichen Körpern definierte Suche nach dem Licht, entwickelte sich jetzt konsequent fort in Farbe – oft monochrom – und zunehmender Abstraktion. Erst ging es ihm um Licht, um Reflexionen, um Auflösung. Dann wieder um immer größere, abstrakte Körper (Somata), auseinandergefaltet oder in vielschichtiger organischer Form vereint: Urzellen, Cluster, gelegentlich um stilisierte Flügel ergänzt. Die große Ausstellung Orosima (Meilensteine) im Dezember 1997 in der Pinakothek Karditsa, spiegelt diese neue Entwicklung in seiner Arbeit wider. Einige von den Arbeiten gingen ebenso wie einige aus der Serie Geohistorima in die dortige Dauerausstellung über; sie wurden 2000 von der Stadt erworben.